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Das Asylverfahren

In den Diskussionen auf der Straße hören wir immer wieder die Frage: "Warum soll Thanus abgeschoben werden, was hat er getan?" Und hören schnell die Vermutung, dass er eine Straftat begangen haben könnte. Dies wollen wir hier klar stellen.

Thanushan ist ein sehr anständiger und unauffälliger Junge. Seinen Antrag als Asylbewerber hatte er am 06.12.1999 gestellt, dieser Antrag wurde am 26.01.2000 abgelehnt. Thanushan und sein Bruder gingen gegen das Urteil in Widerspruch und dieser Widerspruch wurde nun im Dezember 2005 verhandelt und entschieden. Die nachfolgenden Ausführungen mögen etwas „trocken“ sein, sind aber notwendig, damit man den Hintergrund der bevorstehenden Abschiebung versteht. Ich bemühe mich um eine komprimierte Darstellung des Sachverhalts.

Die Verhandlung umfasste 3 Anträge:

1. Thanushan begehrte die Anerkennung als Asylbewerber.

Den Begriff muss man an dieser Stelle erklären, ich zitiere dazu aus dem Online-Lexikon der Webseite www.integrationsbeauftragte.de die Definition von Asylbewerber:

"Asylbewerber sind Ausländer, die Schutz als politisch Verfolgte nach Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes oder Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat beantragen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung bedroht ist. Auf Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes kann sich nicht berufen, wer aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des § 26a Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes einreist."

Thanus verließ seine Eltern bereits zwei Jahre bevor er im August 1998 in Deutschland einreiste. Sein Weg nach Deutschland führte nach einem längeren Aufenthalt in einem Heim in Colombo über Russland und Schweden. Dies gab er auch ehrlich bei seinem Asylantrag an. In Deutschland konnte er somit kein Asyl beantragen, weil Schweden ein sicherer Drittstatt ist.

2. Thanushan begehrte festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des §60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.

Im Paragraphen 60 Abs.1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) wird geregelt, wann die Abschiebung eines Flüchtlings verboten ist. Es darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Diese Regelung im AufenthG wird häufig auch als „kleines Asyl“ bezeichnet.

In der Urteilsbegründung vom Dezember wurden diese Gründe nicht anerkannt, da Thanus sich unverfolgt auf die Flucht gemacht hatte. Ja, man muss zugeben, ein politischer Aktivist war er damals als knapp 8-jähriger Junge sicher nicht, sondern ein Kind in Angst um sein weiteres Leben. Thanus kam aus Jaffna im Norden Sri Lankas, einem Hauptkampfgebiet im Bürgerkrieg zwischen Staat und Rebellen. Um nicht für die Rebellen als Kindersoldat rekrutiert zu werden, hatte er sich nach Colombo geflüchtet. Das er dort ohne staatliche Verfolgung bald ein Jahr als Kind leben konnte, wurde ihm nun im Rahmen des §60 Abs.1 zum Nachteil. Für uns ist es wichtig, deutlich zu machen, dass bereits die Flucht nach Colombo einer Flucht in ein anderes Land gleichzusetzen ist: In Jaffna lernte Thanus in der Grundschule Tamilisch lesen und schreiben, in Colombo wird Singhalesisch gesprochen und geschrieben. Beide Schriftbilder und Sprachen sind komplett verschieden!

In früheren Asylverfahren bis 1994 wurde ein Asylantrag zügig positiv beschieden, wenn der Asylbewerber aus Jaffna kam. Wegen des mittlerweile gebrochenen Waffenstillstands und der dem Waffenstillstand vorausgegangenen Entwicklungen nahm man in der BRD zuletzt nicht mehr an, dass es in Sri Lanka eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der Tamilen gibt. Inwieweit die aktuellen Entwicklungen seit August 2006 eine andere staatliche Haltung bedingen bleibt abzuwarten.

3. Thanushan begehrte festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach §60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Hierbei geht es um sogenannte Nachfluchtgründe, dies könnte eine Verfolgungsgefahr sein, der er durch exilpolitische Tätigkeit ausgesetzt sein könnte. Humanitäre Gründe, wie zum Beispiel im vorliegenden Fall die gelungene Integration und Einbindung in die Gesellschaft, sind im Rahmen des §60 AufenthG nicht relevant und somit für das Urteil vernachlässigenswert. Thanushan hat keine subjektiven (seine Person betreffenden) Nachfluchtgründe geltend gemacht, objektive Nachfluchtgründe (z.B. Zugehörigkeit zu einer Bevölkerungsgruppe) gibt es nach Erkenntnis des Gerichtes nicht, es schließt im Urteil ausdrücklich eine Verfolgung der tamilischen Bevölkerungsgruppe zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus.

Thanushans Antrag wurde also in allen 3 Punkten abgelehnt, damit ist er nach Rechtsgültigkeit des Urteils ausreisepflichtig. Mangels eines Reisepasses, den wir mittlerweile – im Rahmen der Mitwirkungspflicht beim Ausreiseverfahren– erhalten haben und auch angesichts der Tatsache, dass Thanushan noch minderjährig war, wurde die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt (=befristete Duldung).

Als nichtanerkannter Flüchtling hat er kein Bleiberecht. Die einzige Chance, dies zu erwirken, liegt in der Möglichkeit, einen Antrag mit unseren Argumenten an die Härtefallkommission des Landes NRW zu stellen. Dies taten wir im Juni. Zur Unterstützung dieses Antrags dient die von uns ins Leben gerufene Aktion www.thanus-soll-bleiben.de. Thanushan hat derzeit eine Duldung und wird diese bis zur Entscheidung über unseren Antrag wahrscheinlich verlängert bekommen.